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Die Berechenbarkeit der Führungskräfte

Führungskräfte sind auch nur Menschen, das ist klar. Und leider steckt in allen von uns immer die Möglichkeit des Machtmissbrauchs, wenn die Umstände richtig sind. Was die Forschung im letzten Jahrhundert herausfand, ist teilweise beängstigend.

Experimente zu Autorität und Machtmissbrauch

Das Stanford-Prison-Experiment konnte 1971 diese Abgründe zum Leidwesen der Experimentteilnehmer:innen deutlich hervorbringen. 24 Studenten wurden per Losverfahren als Gefangene und Wärter zugeteilt und mussten mehrere Tage in einem „Gefängnis“ eben diese Rolle spielen. Schnell nutzten die „Wärter“ ihre Macht aus: Nach einem „Ausbruchsversuch“ kam es zu gewaltvollen Prügelstrafen, die Kleidung und Betten der „Gefangenen“ wurden entzogen und ab 22 Uhr wurde der Toilettengang untersagt. Mehrere „Gefangene“ erlitten emotionale Zusammenbrüche und mussten das Experiment beenden, während die „Wärter“ zu immer sadistischeren Mitteln griffen und ihre „Untergebenen“ misshandelten. Das Experiment musste frühzeitig abgebrochen werden. Was war hier passiert?

Es kamen viele Faktoren zusammen: Durch Sonnenbrillen und gleiche Uniformen waren die „Wärter“ quasi anonym unterwegs und . Durch die Nummerierung der „Gefangenen“ wurden diese von ihrer Individualität beraubt. So trug das Individuum keine Verantwortung mehr und die Vorkommnisse wurden ja nur der „Rolle“ bzw. „Zahl“ angetan, weniger dem Mensch dahinter. Ebenso konnten sich die „Wärter“ hinter ihren selbst gewählten Regeln und Vorschriften verstecken, wodurch sie weniger Schuld fühlten. Auch ein gewisser Gruppendruck konnte unter den Teilnehmer:innen festgestellt werden, der die Taten des Einzelnen genau überwachte.

Dieses schreckliche Experiment zeigt: Unter bestimmten Bedingungen kann auch die netteste Person Machtmissbrauch betreiben. Man muss kein böser Mensch sein, um solche Dinge anzustellen.

Gleichzeitig steckt auch in allen von uns eine gewisse Autoritätstreue. Wenn wir eine Person als autoritär ansehen, befolgen wir ihre Anweisungen auch, wenn sie gegen unsere Werte gehen. Das zeigte das Milgram Experiment von 1961: Versuchspersonen versetzten einem „Schüler“ elektrische Schläge, weil sie der Versuchsleiter dazu aufforderte. Dass „Schüler“ und „Versuchsleiter“ Schauspieler waren und die Elektroschocks nur vorgespielt wurden, war der Versuchsperson nicht klar. Viele der Teilnehmer:innen (65%) gingen so bis zur maximalen Voltzahl, die unter realen Bedingungen tödlich gewesen wäre, n . Nur 14 von 40 brachen vorher ab. 

Auch hier findet sich ein Verstecken hinter der eigenen Rolle im Experiment wieder. Die Teilnehmer:innen wurden vom Versuchsleiter immer wieder gedrängt, weiter zu machen. Er beteuerte dabei, dies sei alles zum Zweck der Wissenschaft und er übernehme die Verantwortung. So wurde die „Last“ dieser Handlung also auf den Versuchsleiter geschoben und die Probanden machten weiter, auch wenn sie starke Gewissenskonflikte äußerten. In Variationen des Experiments zeigte sich: Wenn der Versuchsleiter nicht mit ihm Raum ist, brachen die Probanden eher ab. Ebenso, wenn der zu schockende „Schüler“ direkt vor ihnen saß. Wenn er in einem anderen Raum war, steigerte sich die Stärke der durchschnittlich maximalen Voltzahl bei allen Teilnehmer:innen.

Diese zwei Experimente sollen nur ein kleiner Einblick in soziologische und psychologische Experimente des letzten Jahrhunderts sein.Sie sind Extrembeispiele. Aber sie zeigen uns doch: Tief in uns gehen wir stark auf Machtgefüge ein, reihen uns in diese Strukturen ein und neigen auch zum Missbrauch von Macht.

Gerade in Arbeitssituationen werden wir schnell zu den „Wärtern“, „Gefangenen“ oder den Versuchspersonen des Milgram Experiments. Auch wenn diese Dinge nur im Kleinen passieren: Einige der Strukturen aus den Experimenten finden sich bei genauerem Hinschauen leider auch in unserer Arbeitswelt wieder.

Autoritärer Chef

Die Macht der Führungskräfte

Viele kennen vielleicht die Chefs, die absolute Autorität wollen. Die den Mitarbeiter nur so lange fördern, bis er Widerworte gibt und ihn dann fallen lassen. Die aus Launen heraus Entscheidungen treffen, aus dem Nichts heraus große Meetings veranstalten ohne zu briefen und vor deren Wut man sich tagtäglich in Acht nehmen sollte. All das sind typische Anzeichen von Machtmissbrauch. Wie fühlen sich da die Angestellten?

Nun, auf diese Art wird ein Arbeitsklima erzeugt, dass keine Sicherheit mehr schafft. Dabei ist das Sicherheitsbedürfnis von uns Menschen eine der wichtigsten Bedürfnisse in der Maslowschen Bedürfnispyramide. Gleich nach Nahrung, Wasser, Schlaf und Fortpflanzung liegt tief in uns ein Urbedürfnis nach Sicherheit. Das bedeutet wir streben nicht nur im materiellen Sinne, sondern auch körperlich, seelisch und im Sozialen nach Sicherheit und Beständigkeit. Wir sehnen uns danach, uns sicher zu fühlen, sonst verspüren wir Angst, innere Unruhe, wollen fliehen.

Ein Chef, der nun aber in seinem Führungsstil absolut unbeständig agiert, erschafft eine unsichere Arbeitsatmosphäre. Die Angestellten wissen nicht, was morgen passieren wird, fürchten sich vor jedem Meeting oder der kleinsten Begegnung mit der Führungskraft. Viele werden dann sehr unterwürfig und autoritätstreu, in der Hoffnung, dann den Launen des Chefs nicht mehr ausgesetzt zu sein. Wir werden selbst zu den „Gefangenen“, die Führungskraft zum „Wärter“. Am Ende leidet dann die ganze Firma darunter. Wie kann man es also als Chef:in schaffen, ein solches Arbeitsklima nicht entstehen zu lassen?

Transparenz und Berechenbarkeit

Diese zwei Schlüsselbegriffe sind der Grundstein für eine Führung ohne Gewalt, auf Augenhöhe und mit zufriedenen Mitarbeiter:innen.

Transparenz bedeutet, es wird offen kommuniziert. Das heißt nicht, dass jedes Meeting 3h lang geht, weil ganz genau ALLE Zahlen genannt werden. Es geht hier vielmehr um den zwischenmenschlichen Kontakt und das Erklären von Arbeitsanweisungen. Der Mitarbeiter kann nicht wissen, dass am anderen Firmenstandort gerade 20 Leute ausgefallen sind, weshalb er heute die Arbeit von 3 Leuten machen muss. Wird ihm das aber mitgeteilt, dann kann er diese Entscheidung zumindest nachvollziehen. Genauso wichtig ist es, auch seine Gefühle transparent zu kommunizieren. Bevor die Chefin völlig ausrastet und den Azubi vor Wut anschreit, obwohl der überhaupt nichts getan hat, kann sie ihr Gefühl der Frustration äußern und sich zurückziehen, um sich zu beruhigen. Das kann dann jeder nachvollziehen.

Hier schließt nahtlos die Berechenbarkeit an. Die Mitarbeiter:innen wollen nicht jeden Tag über Eierschalen laufen müssen, wenn sie mit dem Chef agieren, weil er in einer plötzlichen Änderung seines Gemüts auf einmal eine komplett andere Entscheidung trifft. Es geht hier um eine gefestigte Persönlichkeit in der Führungsposition, die aufgrund von Fakten und Argumenten Entscheidungen trifft und diese beibehält. Es ist vorhersehbar, wie die nächsten Steps der Firma sein werden, da die Führungskraft ein berechenbares Handeln und Denken aufweist.

Zusammenfassend ist es also wichtig für Chefs und Chefinnen, offen mit den Angestellten zu kommunizieren, ihnen Entscheidungsschritte darzustellen und Entscheidungen durchzuziehen. Auf diese Art werden auch die Angestellten offener kommunizieren, transparenter und berechenbarer sein. So kann man einer gewaltvollen Führung und einem unsicheren Arbeitsklima entgegenwirken.

Möchtest du auch lernen, wie du transparenter und berechenbarer als Führungskraft agieren kannst? Dann schau gern einmal in unser Führungskräftetraining zu New Work rein!

Mehr erfahren

Lisa Tschierschke

Quellen: 

https://de.wikipedia.org/wiki/Stanford-Prison-Experiment

https://de.wikipedia.org/wiki/Milgram-Experiment

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