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Ein Leben am Rande der Komfortzone

Gerade hatten sich die Menschen an den sogenannten „Lockdown light“ gewöhnt und die Lockerungen über die Festtage und den Jahreswechsel herbeigesehnt. Doch statt Lockerungen heißt es: harter Lockdown! All das, woran wir uns gerade gewöhnt haben, wird wieder total durcheinandergewirbelt. Anders als erhofft, wird es kein Beisammensein im größeren Familienkreis geben. Viele Eltern müssen wieder eine Extra-Kinderbetreuung organisieren, andere die sich gerade wieder in ihrem Büro eingerichtet haben, treten wieder den Weg zurück ins Homeoffice an. Andere müssen Kollegen in Quarantäne vertreten und haben dadurch eine zusätzliche Mehrbelastung.

Für viele Angehörige der Gastronomie, der Kultur- und Veranstaltungsbranche hat bereits der Lockdown light existenzielle Sorgen hervorgerufen oder verstärkt und sie fragen sich: Wie lange geht der Zustand noch so weiter? Wie lange hält mein Geschäft das noch durch? Viele Menschen bangen in der Krise um ihren Arbeitsplatz oder haben bereits eine Stelle verloren. Angehörige des Pflegedienstes sind mancherorts besonders belastet. Viele fragen sich vielleicht: Wie lange halte ICH das noch durch? Nicht wenige stehen am Rande eines gefühlten Burnouts oder sind selbst von tiefen Ängsten geplagt.

Was haben die Menschen, die sich über ein „anderes“ Weihnachten ärgern mit den Menschen zu tun, die vor existenziellen Herausforderungen stehen? Ganz klar:

  1. Alle von Ihnen geraten aus ihrer selbst eingerichteten Komfortzone heraus.
  2. Alle tun das nicht von alleine, sondern werden unfreiwillig aus der Komfortzone herausgezogen.

Was ist das, unsere Komfortzone?

Die Komfortzone ist der Bereich meines Lebens, der mir vertraut und gewohnt ist. In ihm spüre ich Sicherheit und das Gefühl, alles bzw. alles, was mir wichtig ist, unter Kontrolle zu haben. Das fühlt sich für jeden von uns vertraut und in einer gewissen Art und Weise angenehm an. Trotzdem birgt es so einige Probleme, wenn wir uns stets in unserer Komfortzone aufhalten.

Will ich etwas Neues in mein Leben holen, will ich etwas verändern, dann muss ich Neues tun, anders handeln. Denn im Bequemen und Gewohnten kann nichts Neues wachsen. Wenn ich ständig Risiken und Konflikte vermeide, wenn ich alles so mache, wie ich es immer mache, bleibt alles, wie es ist. Ich erlebe keine neuen Erfolge, die doch aber für mein Selbstvertrauen so wichtig sind. So bleibt meine persönliche Weiterentwicklung auf der Strecke. Verändere ich eine Gewohnheit, mein Arbeits- bzw. Wohnumfeld, verlasse ich meine Komfortzone. Ja, manchmal fühlt sich ungewohnt und unsicher an und kann mir Angst machen. Denn ich weiß nicht, was passiert, gebe Kontrolle ab und somit auch Stabilität.

Komfortzonen sind sehr unterschiedlich und hängen stark davon ab, wie wir groß geworden sind, was wir gelernt und erlebt haben. So sind manche Dinge für den Einen eine riesige Herausforderung, die dem Anderen kinderleicht von der Hand gehen. Doch für alle gilt: Verlasse ich meine Komfortzone in kleineren Schritten, gelange ich in die Lernzone. Hier gerate ich in eine gewisse Anspannung, die mich leistungsfähiger machen kann. Es entsteht "positiver Stress". Beispiele dafür sind:

Ich spreche als eher schüchterner Mensch eine fremde Person an und frage sie etwas Unverfängliches, zum Beispiel nach dem Weg.

Ich bekomme für ein Projekt eine Deadline gesetzt, die mich unter einen gewissen Zeitdruck setzt, der aber noch gut zu bewältigen ist.

Diese machbaren Herausforderungen bergen gute Chancen für Erfolgserlebnisse, die mein Selbstvertrauen stärken. Stelle ich mich diesen Situationen öfter, wird die Herausforderung irgendwann zur Gewohnheit – meine Komfortzone erweitert sich Stück für Stück.

Anders sieht es aus, wenn ich ganz weit aus meiner Komfortzone herausgehe. Dann komme ich in die Panikzone. Jeder von uns gelangt dort entweder schnell oder weniger schnell hin. Wie der Name schon sagt, sind hier Angst und negative Gefühle dominant. Ich fühle mich überfordert und gerate in negativen Stress, der Lernen schwer bis unmöglich macht. Beispiele sind:

Ich werde als schüchterner Mensch gebeten, eine Stehgreifrede vor großem Publikum zu halten.

Ich bekomme für einen Auftrag eine Deadline gesetzt, die kaum oder gar nicht einzuhalten ist.

In der Panikzone bleiben Erfolgserlebnisse eher aus, weil die Herausforderung für mich als Individuum einfach zu hoch ist. Meine Panik zieht mich so in meinen Bann, dass ich oft von Starre, Hilflosigkeit, Ärger oder Wut übermannt bin. Somit kann ich mich auch nicht für eine Lösung oder einen neuen Weg öffnen und scheitern ist vorprogrammiert. Das Selbstbewusstsein wächst nicht, es leidet eher darunter. So erweitere ich nicht meine Komfortzone, sondern flüchte mich nach solchen Erlebnissen wieder schutzsuchend in sie hinein.

Panikzone

Warum fällt es uns so schwer, unsere Komfortzone zu verlassen?

Der Weg raus aus der Komfortzone bedeutet, Kontrolle und Stabilität aufzugeben. Das kostet Überwindung und verlangt Anstrengung für eine gewisse Zeit. Das sind für viele Menschen schon große Hürden, die sie in ihrem Kopf aufstellen und sie jederzeit am Losgehen hindern. Haben wir die Wahl, bleiben wir also gerne im Vertrauten und Bequemen – selbst dann, wenn es uns schon lange nicht mehr guttut oder uns sogar schadet: Wir behalten den stressigen Job, der uns keinen Spaß bereitet. Wir bleiben in der ungesunden Beziehung, in der es mehr Streit als emotionale Wärme gibt. Oder da sind schlechten Essgewohnheiten, die wir doch schon lange mal ändern wollten. Nur wenn der IST-Zustand so schmerzhaft ist, dass es unerträglich wird, machen wir uns dann doch auf den Weg in die Veränderung, denn „So geht es einfach nicht mehr weiter!“. Schaffen wir es überhaupt nicht alleine loszugehen, dann sorgt das Leben schon dafür und schickt uns in eine Krise.

Auch unklare und schwache Vorstellungen von unserer Zukunft lassen uns im Gewohnten verharren. Wissen wir eigentlich, welche Ziele wir im Leben haben, welche Träume, welche Wünsche? Wissen wir, wie wir leben wollen? Nehmen wir uns die Zeit, um diese Dinge für uns zu klären? Oder sind in unserem Kopf eher Gedanken – Ziele, die nicht gut umsetzbar, unrealistisch oder nicht klar erlebbar sind? Sie geben uns nicht genügend Motivation, um nach vorne zu gehen. Willst du hier tiefer einsteigen, dann lies doch unseren Artikel Lebensziele verwirklichen.

Corona fragt dich nicht nach deiner Komfortzone!

Gesellschaftliche Krisen, wie die Corona-Pandemie, fragen dich nicht danach, ob du Veränderungen möchtest oder nicht, ob du sie jetzt möchtest oder lieber noch eine Weile deine Komfortzone genießen magst. Sie fragen dich auch nicht, wie weit du aus deiner Komfortzone heraustreten willst – in die bewältigbare Lernzone oder die überfordernde Panikzone. Dir wird praktisch die Kontrolle über die Ereignisse entzogen.

Musst du lediglich beim Weihnachtsfest dieses Jahr ein paar Abstriche machen, gerätst du vielleicht nur ein Stück aus der Komfortzone heraus. Nach einer kurzen Zeit des Ärgers, kannst du wohl die Situation annehmen und Chancen daraus ziehen: mehr Zeit, intensivere Gespräche und Aktivitäten im engeren Familienkreis oder einfach mehr Ruhe und Zeit für sich selbst, sich zurückbesinnen auf das vergehende Jahr und sich vorbereiten auf das neue Jahr und die Zukunft.

Auch wir standen in diesem Jahr vor zahlreichen Herausforderungen. Alles Gewohnte stand vorerst still. Anfangs gab es auch in uns eine Spannung und sicher auch einige Ängste. Schnell war uns klar, dass auch diese Krise eine Chance für uns birgt, wenn wir bereit sind, unsere Komfortzone zu verlassen. Wir haben uns fit für die Digitalisierung gemacht und konnten die Beziehung zu vielen unserer Kunden und Trainern auf neuen Wegen leben. In dieser Zeit war das Team unverzichtbar. Wir gaben uns gegenseitig Halt und unterstützten einander bei neuen Ideen. Wir können behaupten: Trotz einschneidender Ereignisse und Veränderungen haben wir uns nicht in die Panikzone katapultieren lassen, sondern sind in der Lernzone geblieben bzw. schnell wieder dahin zurückgekehrt.

Was kann ich tun, wenn ich häufig oder lange meine Komfortzone verlassen muss?

Es ist wichtig, ab und an die Komfortzone zu verlassen, ob freiwillig oder unfreiwillig. Genauso wichtig ist es, wenn wir hin und wieder in die Komfortzone zurückgehen. Denn hier können wir das, was wir „draußen“ erlebt haben, reflektieren, bewerten und so unseren weiteren Weg in der Veränderung planen. Die Komfortzone bietet uns Ruhe, Kontrolle und Stabilität. Wir können neue Kraft tanken und uns für zukünftige Herausforderungen stärken.

Du denkst jetzt vielleicht: Während der Corona-Krise kann ich aber den Ausnahmezustand nicht einfach auf Knopfdruck beenden und wieder zum Alten und Gewohnten zurückkehren.

Das ist wahr. Und deshalb rate ich dir, neue Stabilität zu suchen und zu schaffen und zwar dort, wo du etwas beeinflussen kannst. Das können Personen in deinem Umfeld sein, die dir Halt geben oder Netzwerke, die dir im Beruf den Rücken stärken und wo ihr Probleme gemeinsam angehen könnt. Es können aber auch persönliche Rituale, ein neues Hobby oder neue Lebensziele sein.

Neue stabilität suchen und schaffen

Ich appelliere an jeden: Schenkt euch selbst und euren Kollegen ein offenes Ohr und ein offenes Herz – für ihre Sorgen und Ängste! Und teilt euch auch selbst mit euren Bedürfnissen mit! Benennt auch klar die Grenzen eurer eigenen Belastbarkeit! Als Führungskraft bist du besonders gefragt, deine Mitarbeiter zu motivieren, zu stärken und ihnen Vertrauen zu schenken.

Arbeitest du in einem Sektor, der jetzt besonders hart getroffen wurde, vernetze dich mit anderen Betroffenen aus deiner Branche oder benutze bestehende Netzwerke! So könnt ihr gemeinsame Anliegen und Forderungen, die ihr in eurer Branche habt, besser formulieren und an die Öffentlichkeit bringen. Das ist auch für Soloselbstständige wichtig, die kein starkes Team hinter sich haben. Für Pflegekräfte, die in diesem Jahr besonders beansprucht worden, wollen wir eine besondere Plattform schaffen, um sich auszutauschen und gegenseitig Halt zu geben.

Sicher war 2020 auch für dich ein ereignisreiches Jahr voller unerwarteter und teils schwieriger Erlebnisse. Auch du musstest in diesem Jahr bestimmt öfter bzw. länger aus deiner Komfortzone heraustreten. Das will alles verarbeitet werden. Die Festtage und der Jahreswechsel sind dafür eine besondere Zeit. Im christlichen Brauchtum sind diese Nächte zwischen dem 24. Dezember und dem 6. Januar die Rauhnächte. Wir wollen in diesem Jahr die Rauhnächte als einen aktiven Prozess gestalten: um innezuhalten, das Erlebte in 2020 zu reflektieren, den Boden für das vorzubereiten, was wir im nächsten Jahr verändern und neu erschaffen wollen und um die nötige Kraft dafür zu tanken.

Hol dir in der Zeit der Rauhnächte ein Stück Komfortzone zurück, aber ohne der Realität auszuweichen, dich abzulenken oder abzukapseln! Nutze die Nächte als ein bewusstes In-dich-Schauen und als Reflexion darüber, wo du gerade im Leben stehst! So kannst du 2021 mit neuer Energie zu einem besseren Jahr für dich machen.

Autor: Maximilian Rose

Bildnachweis: StockSnap @ pixabay (Titelbild); StockSnap //  Randgruppe @ pixabay

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